Die Bäume sind uns grün - und wir?...

Der Marktplatz Bergen zeigt 2009 ein Bild, das von etlichen Bausünden gezeichnet ist, aber durch die restlichen historischen Häuser wert war, dass riesige Fördergelder investiert wurden. Das teure Pflaster, auf dem man weder richtig laufen, parken oder gar den Kinderwagen schieben kann, musste aus Regionen zwischen Nordkap und dem Orakel von Delphi herangekarrt werden. Man war ja wer - und die Fördergelder flossen, um dem Marktplatz-Ensemble einen würdigen Rahmen zu geben.
Doch jetzt, wo das Benedix-Haus renoviert ist, der Marktplatz halbwegs akzeptiert wird, scheint der Stadtrat von allen guten Geistern verlassen zu sein. Zwei (über 110-jährige) kerngesunde Bäume sollen sterben, um einem modernen Supermarkt zu weichen. Kein Protest, kein Veto der vom Volk gewählten Volksvertreter, die zum Wohle des Volkes handeln sollten!
Wenn man die Wut der ca. 1.300 Bürger, die (in der kurzen Zeit) schriftlich gegen die Fällung gestimmt haben, den desinteressierten Stadtverordneten gegenüber stellt, dann weiß man, woher die Politikverdrossenheit des Volkes kommt! So war es auch bis 1989 - und die letzte Warnung der heutigen Kanzlerin an die Politiker, "keine sozialen Unruhen herbeizureden" zeigt, dass sich die Politik ein anderes Volk wählen müsste. Nach einer heutigen Umfrage glauben 75 % der Wähler nicht, dass die Politik die Krise in den Griff bekommt. Und so ist es nicht verwunderlich, dass heute (16.5.09) Hunderttausend (!) auf die Straße gingen, um ihrer Wut Luft zu machen.
An vielen Firmen-Geburtstagen Rügener Autohändler nimmt sich die Kanzlerin Zeit, um sich und die Wirtschaft feiern zu lassen. Als es darum ging, Tausende Protestschreiben gegen das Steinkohle-Kraftwerk Lubmin entgegen zu nehmen, hatte sie keine 2 Minuten Zeit, winkte den z.T. Pfeifenden nur gnädig zu.
Was hat das alles mit 2 urwüch-sigen Bäumen in Bergen zu tun? Viel! Unsere Luft wird durch massiven Baumschwund immer mehr belastet. Die zwei Bäume an der Post haben mindestens 600.000 Blätter, die eine Fläche von 2 Fußballfeldern ergeben und unsere Luft säubern. Staub, Pilze, Sporen und Bakterien werden herausgefiltert und der gebildete Sauerstoff reicht für zehn Menschen! Würde man diese Bäume fällen und durch junge Bäume ersetzen, müssten zweitausend (!) im Wert von 150.000 Euro gepflanzt werden!
Das Kraftwerk in Lubmin würde uns den "Rest" geben, denn wer will sich dort erholen, wo Rauchfahnen übers Meer ziehen und die "grüne Lunge" der Städte wegsaniert wird?
Es wird Zeit, dass ein Baum nicht mehr als nachwachsender Rohstoff angesehen wird, sondern als Freund und enorm wichtiger Teil der Natur! Es ist bedrückend, dass die ehemalige Umweltministerin und heutige "Umwelt-Kanzlerin" Merkel ihrem Wahlbezirk die Unterstützung verweigert, die unsere Insel dringend braucht. Wenn erst das Kraftwerk Lubmin steht und Tausende Schiffe die Billig-Kohle aus China und Australien mit Millionen Tonnen verbrauchtem Diesel (für den Transport) anlanden - dann ist es zu spät für diese Region!
Denkt um Ihr Parlamentarier, bevor sich Euer Volk Vertreter sucht, die ihrer Rolle würdig sind.

Klaus Ender Naturfotograf und Buchautor

P.S: Als dieser Artikel fertig war, las ich in der Zeitung von der ablehnenden Haltung des Herrn Kendziorra und dem Desinteresse der Stadtvertretung am Erhalt dieser zwei herrlichen Bäume. Deutlicher kann wohl kein Politiker die "Arroganz der (vermeintlichen) Macht" ausdrücken, wie dieser Herr! Jeder Bürger sollte jetzt prüfen, wen er wählt, denn das ist das einzige, wovor sie Angst haben - ihren Job (sprich Macht) zu verlieren.